Wenn man den Anblick der Dinge, die im Alltag umgaben, einmal von ihren Funktionen trennte, erschienen sie zunehmend abstrakt: Plötzlich trat ihre Gestaltung zutage, denn alles war zu einem bestimmten Zeitpunkt entworfen, produziert und installiert worden, später vielleicht zusammengeflickt oder überformt. Als Bildhauerin folgte Nicole Wermers dem komplexen Verhältnis zwischen Gebrauch und Gestalt, der Un-Selbstverständlichkeit von Formen, Oberflächen und Nutzen. Für ihre skulpturalen Arbeiten nutzte sie vielfach Alltagsgegenstände, die sie aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang löste, ergänzte, neu arrangierte oder gleich neu entwarf. Unzählige ihrer eigenen Fotos dienten ihr dabei als Basis für Recherchen. Aus diesem Fundus entstand die Arbeit Öffnungszeiten.
Das Objekt, ein zunächst gewöhnlicher Kalender mit Spiralbindung, allerdings chronologisch von Mai 2019 bis April 2020 angelegt, tauchte an verschiedensten Orten auf: in Behörden und Geschäften, an anderen Projektstandorten und bei den Kooperationspartnern. Monat für Monat zeigte er dort im Bildteil die Öffnungszeiten diverser anderer Geschäfte, Dienstleister und Behörden an. Ihre für Kommunikation und Handel bestimmten Zeiträume, die Texte und die benutzte Typografie unterschieden sich deutlich voneinander – von gestanzt bis handschriftlich. Ohne die Ablenkung durch ein eigenes Anliegen, das im Alltag häufig an eben diesen Schildern scheiterte, trat ihr individuell gestalteter Charakter umso prägnanter hervor und kontrastierte das durchgängige Design der ebenfalls Zeit strukturierenden Monatsdarstellungen darunter. Nicole Wermers arbeitete zu dieser Zeit auch an einer Skulptur für den Emscherkunstweg.
- Festival
Die Arbeit Öffnungszeiten wurde im Rahmen der Ausstellung Ruhr Ding: Territorien entwickelt und war vom 4.5.—30.6.2019 an verschiedenen Orten im Ruhrgebiet zu sehen.